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Übergewicht beim Pferd: Ursachen, Fütterung, Bewegung und Stoffwechsel im Fokus

  • Autorenbild: Joelle
    Joelle
  • vor 2 Tagen
  • 7 Min. Lesezeit

Übergewicht bei Pferden ist längst nicht nur ein ästhetisches Problem, es kann ernsthafte gesundheitliche Folgen haben, bei manchen Pferden ist es ein ernstzunehmendes Gesundheits- und sogar Tierschutzproblem. Von Stoffwechselstörungen über Hufrehe bis hin zu Gelenkbelastungen: Ein zu hohes Körpergewicht beeinträchtigt die Lebensqualität und Leistungsfähigkeit deines Pferdes. Studien zeigen, dass bis zu 45 % der Pferde in bestimmten Populationen übergewichtig oder fettleibig sind (1). Die Folgen reichen von Stoffwechselstörungen über Hufrehe bis hin zu orthopädischen Erkrankungen und verminderter Fruchtbarkeit (2). In diesem Beitrag erfährst du, wie du den Körperzustand richtig einschätzt, Ursachen erkennst und mit gezielter Fütterung und Bewegung gegensteuerst. Ein paar Tipps den Stoffwechsel anzuregen und das Training findest du ebenfalls in diesem Beitrag.

1. Körperzustand erkennen: Body Condition Score (BCS)

Der Body Condition Score (BCS) ist ein anerkanntes System zur Beurteilung des Ernährungszustands eines Pferdes. Dabei wird der Anteil des Körperfetts anhand definierter Fettdepots, wie Rippen, Rückenlinie, Schweifansatz und Hals, visuell und durch Abtasten eingeschätzt. Dieses Verfahren ist unabhängig von Rasse, Alter oder Trainingszustand anwendbar und bietet somit eine standardisierte Bewertungsgrundlage. Die BCS-Skala reicht von 1 (stark untergewichtig) bis 9 (stark übergewichtig), wobei ein Wert zwischen 4 und 6 als physiologisch wünschenswert gilt. 

Body Condition Score Abbildung Healthy Horsie
Abbildung 1: Übersicht der Zonen die beim Body Condition Score analysiert werden.

Bei Abbildung 1 sieht man die verschiedenen Zonen A bis F, die man analysiert und welche Fettdepots aufweisen können. Bereits auf qualitativen Bildern kann man den BCS solide einschätzen, ich mache dies kostenlos in meiner Erstberatung. 


Typische Merkmale für Übergewicht:

  • Rippen nicht tastbar

  • Fettpolster am Mähnenkamm und Schweifansatz

  • Breiter Rücken mit flacher oder gewölbter Linie

  • Trägheit und verminderte Leistungsbereitschaft

Studien zeigen, dass Übergewicht bei Pferden mit einem erhöhten Risiko für Stoffwechselerkrankungen wie Equines Metabolisches Syndrom (EMS) und Insulinresistenz verbunden ist. (3)

2. Ursachen für Übergewicht

Übergewicht bei Pferden entsteht in den meisten Fällen durch ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren, es ist also ein multifaktorielles Problem. Die beiden grössten Einflussbereiche sind dabei die Fütterung und die Bewegung. Zu energiereiches Futter bei gleichzeitig zu wenig körperlicher Aktivität führt schnell zu einem Ungleichgewicht zwischen Energieaufnahme und -verbrauch. Doch auch Stoffwechselstörungen wie das Equine Metabolische Syndrom (EMS) oder PPID können die Gewichtszunahme begünstigen, selbst bei scheinbar angepasster Fütterung. Zusätzlich spielt die Genetik eine Rolle, besonders bei Robustpferderassen wie Haflingern, Isländern oder Shetlandponys, die von Natur aus effizienter verwerten und schneller Fett ansetzen. Eine ganzheitliche Betrachtung ist daher entscheidend, um die Ursachen für das Übergewicht zu finden und nachhaltig daran zu arbeiten und zu reduzieren.

Typische Merkmale für Übergewicht:

  • Zu energiereiches Futter bei geringer Bewegung

  • Stoffwechselprobleme wie EMS oder Insulinresistenz

  • Genetische Veranlagung (z. B. bei Robustpferden)

Diagramm Faktoren zu Übergewicht von Pferden
Abbildung 2: Infografik zur Entstehung von Übergewicht bei Pferden

In Abbildung 2 wird deutlich, dass Fütterung und Bewegung die grössten Einflussfaktoren auf das Körpergewicht des Pferdes darstellen. Die zugeführte Energie durch das Futter muss durch Bewegung verbraucht und verwertet werden, sonst wird sie als Fett gespeichert. Deshalb sollten Fütterung und Aktivitätslevel immer aufeinander abgestimmt sein. Nimmt das Pferd mehr Energie auf, als es durch Bewegung verbraucht, ist eine Gewichtszunahme die logische Folge. Ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Energiezufuhr und -verbrauch ist somit essentiell für ein gesundes Körpergewicht.

Neben Fütterung und Bewegung spielen auch Stoffwechselprozesse und die genetische Veranlagung eine wichtige Rolle beim Körpergewicht des Pferdes. Manche Tiere neigen aufgrund ihrer Rasse oder individuellen Konstitution dazu, Energie besonders effizient zu speichern, sogenannte „gute Futterverwerter“. Besonders bei Robustpferderassen wie Fjordpferden, Freiberger oder Ponys ist dies häufig der Fall. Zusätzlich können Stoffwechselerkrankungen wie das Equine Metabolische Syndrom (EMS) oder PPID (Cushing Syndrom) die Gewichtszunahme begünstigen, selbst bei angepasster Fütterung und Bewegung. Diese Faktoren sollten daher bei der Beurteilung des Gewichts immer mitbedacht werden, denn nicht jedes übergewichtige Pferd ist einfach „zu dick gefüttert“.

Laut einer Übersichtsarbeit der University of Edinburgh ist Übergewicht bei Freizeitpferden mittlerweile so verbreitet, dass es oft als „normal“ wahrgenommen wird – mit gravierenden Folgen für die Gesundheit (2).

3. Fütterungsempfehlungen

Wie in der Abbildung 3 ersichtlich, unterscheiden sich die Energiegehalte der gängigen Futtermittel teils deutlich und das hat direkte Auswirkungen auf die Gewichtsentwicklung des Pferdes. Frühschnitt-Heu enthält meist mehr Energie als Spätschnitt-Heu, da es einen höheren Anteil an jungen, nährstoffreichen Pflanzen hat. Auch Heulage kann, je nach Schnittzeitpunkt und Fermentationsgrad, energiereicher sein als klassisches Heu.

Bei den Kraftfuttermitteln liefert Hafer schnell verfügbare Energie, während Luzerne nicht nur energiereich, sondern auch eiweisshaltig ist und daher besonders bei Sportpferden oder schwerfuttrigen Tieren eingesetzt wird. Heucobs, je nach Zusammensetzung, können ebenfalls eine hohe Energiedichte aufweisen vor allem, wenn sie aus frühschnittartigem Heu bestehen. Die Angaben basieren auf der Menge pro KG, aber auch bei kleineren Mengen ist der Energieunterschied deutlich, und man sollte definitiv das Kraft- oder Mischfuttermittel für jedes Pferd anschauen und die Inhaltsstoffe genau berechnen. 

Abbildung verschiedener Energiegehalt Futter Pferd
Abbildung 3: Energiegehalt pro kg Futtermittel (MJ ME)

Diese Unterschiede sind entscheidend: Ein Pferd, das wenig arbeitet, sollte nicht mit energiereichem Futter überversorgt werden. Die Wahl des Futters muss also immer im Kontext von Bewegung, Stoffwechsel und individuellem Bedarf stehen, wie die Abbildung anschaulich zeigt. 

Die Fütterung sollte auf den Energiebedarf und den Stoffwechseltyp deines Pferdes abgestimmt sein:

  • Heuqualität prüfen: Spätschnitt-Heu mit niedrigem Zuckergehalt bevorzugen

  • Strohanteil erhöhen: z. B. Stroh mit Heu mischen, dass weniger Heu gefressen wird, das Pferd aber dennoch satt wird

  • Kraftfutter reduzieren oder streichen: Nur bei erhöhtem Bedarf (z. B. Sportpferde oder regelmässigem Training)

  • Keine Zuckerhaltige Nahrungsmittel wie Äpfel oder Karotten, nur gesunde Leckerlis verfüttern

  • Bewegung steigern: Tägliches Training, Weidezeit begrenzen → Training aber immer dem Pferd und seinem Können anpassen

Studien zeigen, dass ein Ungleichgewicht zwischen Energieaufnahme und -verbrauch die Hauptursache für Adipositas ist – insbesondere bei Pferden mit wenig Bewegung (4). 
  • Slow Feeding: Heunetze oder Raufen mit kleinen Öffnungen verlängern die Fresszeit

  • Stoffwechsel unterstützen: Ergänzungen mit Magnesium, Zimt, Cholin, Arginin und Carnitin (1,2)

4.Bewegung und Management

Bewegung ist der Schlüssel zur Gewichtsregulation. Bei der Bewegung übergewichtiger Pferde gilt generell, dass Regelmäßigkeit wichtiger ist als Intensität. Ein sanftes, aber konstantes Training bringt langfristig mehr als kurze, überfordernde Einheiten. Die Belastung sollte stets dem aktuellen Fitnesszustand und Gewicht des Pferdes angepasst werden, denn ein Pferd mit starkem Übergewicht kann nicht dieselbe Leistung erbringen wie ein trainiertes Tier. Man stelle sich vor: Ein Mensch mit 120 kg läuft auch nicht gleich schnell oder lang wie ein durchtrainierter Sportler mit 70 kg. Man kann nicht die gleiche Leistung sowie Intensität erwarten und durchführen, dies ist langfristig Gelenkschädigend und sehr demotivierend. 

Besonders wichtig ist es, auf die Atmung des Pferdes zu achten. Schnelle, angestrengte Atmung oder übermässiges Schwitzen können Hinweise auf Überforderung sein. Um die Motivation zu erhalten, helfen Abwechslung im Training und eine ruhige, stressfreie Umgebung. Ein strukturierter Trainingsplan, der über mehrere Monate verfolgt wird, schafft Klarheit und ermöglicht eine schrittweise Steigerung der Intensität, sobald sich die Kondition verbessert. Hierbei ist es ein grosser Vorteil ein Trainingstagebuch zu führen, in dem man die Fortschritte verzeichnet und somit nachvollziehen kann, wie sich der Trainingserfolg gestaltet hat. Dies ist auch immer einfacher für Tierärzte und Therapeuten, aber auch insbesondere für Futterberater, da man so sehr genau den Verbrauch des Pferdes berechnen kann und somit die Ration auf die Bewegung optimal anpassen kann. 

Für Pferde mit Hufrehe, Equinem Metabolischen Syndrom (EMS) oder Cushing-Syndrom muss das Training besonders bei akuter Krankheit angepasst werden. Hier empfiehlt sich unbedingt die Rücksprache mit dem Tierarzt, um Risiken zu vermeiden und gezielt zu fördern. In der zweiten Abbildung findest du einen Vorschlag für ein angepasstes Bewegungsprogramm, sowohl für erkrankte als auch für gesunde, übergewichtige Pferde gelten dabei die gleichen Grundprinzipien: sanft starten, regelmäßig bleiben, individuell anpassen.

Trainingsplan für übergewichtige Pferde
Abbildung 4: Wochenplan für übergewichtige Pferde
Viele Besitzer überschätzen die körperliche Belastung ihrer Pferde – was zu einer Fehlanpassung der Fütterung führt (2).
  1. Stoffwechsel gezielt unterstützen

Ein gesunder Stoffwechsel ist die Grundlage für Vitalität, Leistungsfähigkeit und ein stabiles Körpergewicht beim Pferd. Gerade bei übergewichtigen Pferden lohnt sich ein gezielter Blick auf die Fütterung, denn bestimmte Nährstoffe können den Glukosestoffwechsel verbessern, die Fettverbrennung anregen und die Leberfunktion unterstützen.


Wichtige Stoffwechsel-Booster im Überblick:

Stoffwechselbooster Abbildung für Pferde
Abbildung 5: Diese Wirkstoffe sind in hochwertigen Ergänzungsfuttermitteln enthalten und können, wenn richtig dosiert zur Verbesserung des Stoffwechsels beitragen. Doch wie bei allen Zusätzen gilt, dass die gesamte Fütterung abgestimmt sein muss.

Damit Ergänzungen wirklich helfen, sollte man Unter- und Überversorgung vermeiden. Ein gut aufbereitetes Diagramm oder Fütterungsplan hilft dabei, die Mengen im Blick zu behalten, aber noch besser ist in Kombination mit der Futteranalyse eine Blutuntersuchung, um die Organfunktionen und Spurenelemente im Körper des Pferdes zu überprüfen.


Ein erfahrener Futterberater kann genau aufzeigen:

  • Wie viel von jedem Nährstoff im aktuellen Futter enthalten ist

  • Wie viel das Pferd tatsächlich braucht

  • Welche Ergänzungen sinnvoll sind und welche nicht

Wenn diese Transparenz fehlt, sollte man die Futterberatung überdenken. Denn nicht jedes Produkt passt zu jedem Pferd und nicht jede Kombination ist sinnvoll. Gerade bei übergewichtigen Pferdem, oder bereits stoffwechsel-erkrankten Pferden, sind die Ergänzungsfuttermittel entscheidend, ob es zu einer Verbesserung der Situation kommt oder nicht. Nur die Pferde aushungern lassen und übermässig zu trainieren ist keine Lösung. 


Eine Mineralstoffanalyse der verwendeten Futtermittel ist ein wertvolles Werkzeug, um die Versorgungslücken zu erkennen. Darauf aufbauend kann man gezielt nach passenden Ergänzungsfuttermitteln suchen, etwa mit Arginin, Carnitin oder Cholin, um den Stoffwechsel zu entlasten und die Gesundheit zu fördern.

Eine aktuelle Studie zeigt, dass gezielte Supplementierung bei übergewichtigen Stuten die Stoffwechselfunktion und Fruchtbarkeit verbessern kann (4).

Fazit

Übergewicht beim Pferd ist ein ernstzunehmendes Thema, aber mit der richtigen Fütterung, gezielter Bewegung und Stoffwechselunterstützung lässt sich viel erreichen. Wichtig ist eine ehrliche Einschätzung des Körperzustands und eine konsequente Anpassung der Haltung und Fütterung. Bei einer Futterberatung bei übergewichtigen Pferden, geht es nicht darum die Fehler zu suchen und die Schuld dem Besitzer zuzuweisen, es geht darum, eine nachhaltige und gute Lösung für das Pferd zu finden, damit sich der gesundheitliche Zustand des Pferdes verbessert. Da ich selbst ein übergewichtiges Pferd hatte, und teilweise noch habe, ist mir ein feinfühliger Umgang mit diesem Thema extrem wichtig, und auch, dass die Besitzer wissen, ich suche keinen Schuldigen, sondern ich zeige auf wo es Probleme gibt und wo die Fütterung nicht richtig eingeschätzt wurde, aber ich zeige dir auch eine nachhaltige Lösung auf, um zu deinem Ziel zu kommen. 

In meiner Futterberatung betrachte ich alle beschriebenen Aspekte individuell und ganzheitlich. Ich berechne nicht nur sämtliche Inhaltsstoffe grammgenau, sondern kann auch Blutbilder und Heuanalysen fachgerecht auswerten und im Zusammenhang mit der Fütterung interpretieren.

Ich unterstütze dich dabei, geeignete Futtermittel und Ergänzungen zu finden, die den Stoffwechsel deines Pferdes gezielt fördern. Besonders bei übergewichtigen Pferden ist eine präzise Rationsberechnung entscheidend – denn nur wenn Energiezufuhr und Bewegung im Einklang stehen, kann eine nachhaltige Verbesserung erreicht werden.


Du möchtest wissen, wie du die Fütterung deines Pferdes optimieren kannst?

Ich biete dir eine kostenlose Erstberatung, bei der wir gemeinsam die Bedürfnisse deines Pferdes analysieren und erste Schritte zur Stoffwechselunterstützung planen.


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ree

Quellen




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